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Thüringer OLG, Beschluss vom 27. 3. 2012 – Lw U 559/11, AG Erfurt (8. 6. 2011 – Lw 16/10)

 

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, § 4 RSG, § 10 RSG

 

Leitsatz

Im gerichtlichen Verfahren wegen Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ist der Versagungsgrund der ungesunden Bodenverteilung auch nach Inkrafttreten des FamFG weiterhin auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts zu prüfen. Das gilt für sämtliche Voraussetzungen dieses Versagungsgrundes, also auch für die Frage, ob ein aufstockungsbedürftiger, erwerbsbereiter und -fähiger Landwirt vorhanden ist.

Gründe

 I.

 1            Der Antragsteller wendet sich gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts durch die weitere Beteiligte zu 4. (Thüringer Landgesellschaft) und begehrt die Genehmigung des im Betreff bezeichneten Vertrages.

 2            Er schloss am 18. 8. 2010 vor dem Notar B. einen notariellen Kaufvertrag mit dem weiteren Beteiligten zu 6. (H.?G.) über Miteigentumsanteile an drei landwirtschaftlichen Grundstücken zu einem Kaufpreis von insgesamt 25.000 €. Der Urkundsnotar beantragte mit Schreiben vom 25. 8. 2010, beim Landwirtschaftsamt am 27. 8. 2010 eingegangen, die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des Vertrages. Mit Zwischenbescheid vom 9. 9. 2010, dem Beteiligten zu 6. am 10. 9. 2010 zugestellt, verlängerte das Landwirtschaftsamt die Frist für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag um zwei Monate, weil der Vertrag der Siedlungsbehörde zur Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorzulegen sei. Auf entsprechende Anfrage des Landwirtschaftsamts erklärte der Antragsteller, er sei Landwirt und bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland mit seinen Flächen angemeldet. Das gelte auch für die Krankenversicherung der Landwirte. Er teilte seine Betriebsnummer mit und erklärte, Mitglied im Landesverband L. e.V. Thüringen zu sein. Er betreibe gewerbsmäßig Wildtierhaltung zur Fleischerzeugung und habe zum 1.?10. 2010 29 Stück Rotwild und 49 Stück Muffelwild gehalten. Er bewirtschafte 18 ha eigene Wiesenflächen und habe darüber hinaus weitere Flächen angepachtet. Er beabsichtige, seinen Nebenerwerb nach Eintritt in den Ruhestand auszuweiten und ihn möglicherweise zum Haupterwerb zu machen. Der Aufforderung der Genehmigungsbehörde vom 30. 8. 2010, die entsprechenden Angaben und seine steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nachzuweisen sowie ein Betriebskonzept zu dem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb vorzulegen, kam der Antragsteller nicht nach. Mit Schreiben vom 6. 10. 2010 bekundete die Mutterkuh an der F. GmbH Erwerbsinteresse hinsichtlich der betroffenen Miteigentumsanteile. Dieses Unternehmen bewirtschaftete zum damaligen Zeitpunkt nach seinen unbestrittenen Angaben 178,40 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, die ausschließlich angepachtet sind. Die weitere Beteiligte zu 4. übte mit Schreiben vom 16. 11. 2010 das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht aus. Die Mitteilung der Erklärung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vom 22. 11. 2010 wurde dem Antragsteller und dem weiteren Beteiligten zu 6. jeweils am 25. 11. 2010 zugestellt. Eine Zustellung an die erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, die mit Schriftsatz vom 4. 11. 2010, beim Landwirtschaftsamt am 5. 11. 2010 eingegangen, die Vertretung des Antragstellers im Genehmigungsverfahren angezeigt, eine schriftliche Vollmacht aber nicht vorgelegt hatten, ist nicht erfolgt. Mit gleichlautenden Schreiben vom 26. 11. bzw. 30. 11. 2010 teilten die Mutterkuh an der F. GmbH sowie eine P. GmbH mit, das „Vorkaufsrecht nicht mehr in Anspruch nehmen“ zu wollen.

 3            Gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung. Er beantragt,

  1.    unter Abänderung des Bescheids vom 22. 11. 2010 die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Grundstückskaufvertrag zu erteilen;
  2.    festzustellen, dass die weitere Beteiligte zu 4. das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt habe.

 4            Der Antragsteller hält den Anwendungsbereich des Reichssiedlungsgesetzes von vornherein nicht für eröffnet, weil keiner der von dem Antragsteller gekauften Miteigentumsanteile das in § 4 Abs. 1 RSG erforderliche Mindestmaß von 2 ha erreiche. Die in Thüringen geltende Mindestgrenze von 0,25 ha sei verfassungswidrig. Abgesehen davon handele es sich bei dem Antragsteller um einen leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt, so dass jedenfalls eine ungesunde Bodenverteilung nicht vorliege. Schließlich fehle es auch an einem Landwirt, der auf den Erwerb der Miteigentumsanteile zur Aufstockung seines Betriebes dringend angewiesen sei. Das gelte insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass der Antragsteller in bestehende Pachtverträge eintrete und auch nicht die Absicht habe, diese zu beenden. Der Antragsteller verfüge derzeit über eine Fläche von ca. 12 ha, die er als Grünland bewirtschafte. Teilweise nutze er die Flächen als Weideflächen und halte dort Muffel-, Dam- und Rotwild. Im Übrigen gewinne er Heu bzw. Grassilage, die an das Wild verfüttert würden. Der Antragsteller sei Inhaber von 12 Zahlungsansprüchen, die im Jahre 2010 mit ca. 180 € pro Hektar bewertet waren und deren Wert bis 2013 auf 320 € je Hektar ansteige. Er habe in den letzten Jahren aus der Veräußerung von Muffelwild jährlich etwa 2.500 € erwirtschaftet. Auch die Hofnachfolge sei gesichert, weil seine 35-jährige Tochter Diplombetriebswirtin sei und von Anfang an im Betrieb mitgearbeitet habe. Der Antragsteller hat eine Einnahmeüberschussrechnung für den Zeitraum vom 1. 7. 2009 bis 30. 6. 2010 vorgelegt, aus der sich ein Jahresverlust von 1.598,17 € ergibt.

 5            Das Landwirtschaftsgericht hält die Einwendungen des Antragstellers für unbegründet. Die von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen und sein Vorbringen rechtfertigten nicht den Schluss, es handele sich bei ihm um einen leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demgegenüber sei zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts mit der Mutterkuh an der F. GmbH ein aufstockungsbedürftiger und zum Erwerb der Miteigentumsanteile zu den Bedingungen des Kaufvertrags bereiter Haupterwerbslandwirt vorhanden gewesen. Da es im Rahmen der Prüfung von Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf diesen Zeitpunkt ankomme, sei es unerheblich, dass dieser Haupterwerbslandwirt nach Ausübung des Vorkaufsrechts seinen Kaufantrag zurückgezogen habe.

 6            Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Vertrag grundstücksverkehrsrechtlich zu genehmigen.

 7            Der Antragsteller wiederholt und vertieft sein Vorbringen und seine rechtliche Bewertung des Sachverhalts aus der Vorinstanz. Der Antragsteller hält die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es für die Beurteilung der Eigenschaft des Erwerbers als Landwirt auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts ankomme, für unzutreffend. Jedenfalls komme es für die Frage, ob ein anderer erwerbswilliger Landwirt vorhanden sei, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Selbst zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts habe im Übrigen nur eine unverbindliche Absichtserklärung des potentiellen Erwerbers vorgelegen; erforderlich sei aber ein notariell beurkundetes Angebot.

 8            Die weiteren Beteiligten verteidigen, soweit sie von der eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht haben, die angefochtene Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten nimmt der Senat Bezug auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

   II.

 9            Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 9 LwVG, 58 ff. FamFG an sich statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil das Landwirtschaftsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Beteiligte zu 4. das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt hat. Der Senat hat die amtsgerichtliche Entscheidung lediglich im Tenor klargestellt, weil das Landwirtschaftsgericht in diesen Fällen nicht die Genehmigung versagen darf, da der Kaufvertrag, wenn auch im Verhältnis zum Siedlungsunternehmen, bestehen bleibt und als genehmigt gilt, § 6 Abs. 1 S. 3 RSG (Netz, GrdstVG, 5. Aufl., Ziff. 10.10.5. m.?w.?N.).

10           1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterliegen die betroffenen Miteigentumsanteile dem Vorkaufsrecht nach § 4 RSG. Es entspricht allgemeiner, vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilter Auffassung, dass sich das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG nicht nur auf landwirtschaftliche Grundstücke, sondern auch auf Miteigentumsanteile an derartigen Grundstücken bezieht (Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, 5. Aufl., Ziffer 10.4.1.2. m.?w.?N.). Zu Recht ist das Landwirtschaftsgericht auch davon ausgegangen, dass es in Bezug auf die Mindestgröße des Grundstücks nach § 4 Abs. 1 RSG bzw. nach den auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 RSG erlassenen Rechtsverordnungen der Länder auch beim Verkauf von Miteigentumsanteilen auf die Größe des Grundstücks als solches ankommt. Sämtliche hier betroffenen Grundstücke übersteigen die in Thüringen geltende Mindestgröße von 0,25 ha, die sich auch auf das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht bezieht (§ 4 Abs. 4 RSG i.?V. m. § 1 der Thüringer Verordnung zur Ausführung des Reichssiedlungsgesetzes vom 13. 5. 1996, GVBl. S. 84, zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. 6. 2003, GVBl. S. 319) erheblich. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die entsprechende Regelung in Thüringen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht unterliegt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 28. 10. 2010, Lw U 391/10, insoweit bestätigt durch BGH Beschluss vom 15. 4. 2011, BLw 12/10).

11            Die Genehmigung gilt auch nicht aus formellen Gründen als erteilt. Allerdings hat die Genehmigungsbehörde die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 21 S. 2 GrdstVG neben dem Urkundsnotar und dem weiteren Beteiligten zu 6. nur dem Antragsteller selbst, nicht aber seinen damals bereits bevollmächtigten Rechtsanwälten zugestellt. Diese Zustellung ist nach dem für die Zustellung derartiger Bescheide maßgebenden Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz jedoch wirksam. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 ThürVwZVG hat die Behörde die Wahl, ob sie zustellungspflichtige Schriftstücke an den Betroffenen selbst oder an seinen Bevollmächtigten zustellt. Nur dann, wenn der Bevollmächtigte eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat, sind Zustellungen an ihn zu richten, § 8 Abs. 1 S. 2 ThürVwZVG. Im Genehmigungsverfahren haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers indessen eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt, sondern sie lediglich anwaltlich versichert.

12           2. Das Landwirtschaftsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Veräußerung der Miteigentumsanteile an den Antragsteller zu einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG führen würde.

13           a) Für diese Beurteilung ist nach der ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung, sondern vielmehr auf diejenigen im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts, hier also am 25. 11. 2010 abzustellen. Dem hat sich der Senat, nachdem der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24. 11. 2006 (BLw 11/06) eine gegenteilige Entscheidung des Senats aufgehoben hat, angeschlossen. Er hält hieran fest. In der zitierten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, dass § 10 RSG nach der Mitteilung der Genehmigungsbehörde gemäß § 21 GrdstVG in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nur noch solche Einwendungen zulässt, die sich darauf gründen, dass die Veräußerung entweder keiner Genehmigung bedurfte oder dass die Genehmigung nicht hätte versagt werden dürfen. Nur wenn diese Einwendungen begründet sind und sich die Entscheidung der Genehmigungsbehörde damit als rechtswidrig herausstellt, sind die Folgen der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht eingetreten. Das Siedlungsunternehmen erlangt mit der rechtmäßigen Mitteilung der Genehmigungsbehörde eine Rechtsstellung, die weder die Vertragsparteien noch die Genehmigungsbehörde selbst diesem wieder entziehen können. Es ist damit nicht nur vor einer einseitigen Vereitelung des Vorkaufsrechts durch die Vertragsparteien geschützt, sondern auch davor, dass die Genehmigungsbehörde das durch seine Mitteilung rechtmäßig ausgeübte gesetzmäßige Vorkaufsrecht dadurch zu Fall bringt, dass sie aufgrund veränderter Umstände später die Genehmigung erteilt (BGH a.?a.?O.; OLG Stuttgart RdL 1991, 330, 331). Daraus wird offenbar, dass sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der ungesunden Bodenverteilung nicht nur auf die Landwirtseigenschaft des Erwerbers, sondern auf sämtliche Kriterien, also auch darauf bezieht, ob ein aufstockungsbedürftiger, erwerbsbereiter, und ?fähiger Landwirt vorhanden ist. Ob dem Oberlandesgericht Rostock (Beschluss vom 21. 9. 2010, 14 U 4/10) darin zu folgen ist, dass es auch im gerichtlichen Verfahren betreffend Einwendungen gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Reichsiedlungsgesetz ausreichen, wenn erst zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung ein solcher aufstockungsbedürftiger Landwirt vorhanden ist, kann offen bleiben. Hiergegen dürfte allerdings sprechen, dass anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen eine rechtmäßige Mitteilung entsprechend § 21 GrdstVG gerade nicht erfolgt wäre, weil zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts ein Versagungsgrund nach § 9 GrdstVG nicht vorhanden war. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock lässt jedenfalls den vom Antragsteller vorgenommenen Rückschluss nicht zu, auch der Wegfall eines ursprünglich vorhandenen aufstockungsbedürftigen Landwirts nach Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 21 GrdstVG sei zu berücksichtigen. Das Gegenteil ergibt sich vielmehr aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Hieran hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das durch die Verweisung in § 9 LwVG auch in den Landwirtschaftssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden ist, nichts geändert. Der Grundsatz, dass es für eine gerichtliche Entscheidung generell auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz ankommt, war bereits unter der Geltung des früheren Rechts allgemein anerkannt (vgl. etwa Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 23 Rn. 12 m.?w.?N.) und gilt darüber hinaus auch in den anderen Verfahrensordnungen. Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof im Hinblick auf die ausgeführten Besonderheiten bei der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts den Zeitpunkt der Ausübung für maßgeblich erachtet.

14           b) Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG vor, wenn ein Nichtlandwirt ein landwirtschaftliches Grundstück erwirbt, obwohl Landwirte die Fläche dringend zur Aufstockung ihres Betriebes benötigen und zum Erwerb zu den Bedingungen des zur Genehmigung vorgelegten Vertrages bereit und in der Lage sind (BGH NL-BzAR 2006, 329; Senat AgrarR 2001, 120 jeweils m.?w.?N.). Bei der Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG sind nach soweit ersichtlich einhelliger Auffassung Haupt- und Nebenerwerbslandwirte hinsichtlich ihres Erwerbsinteresses gleichrangig zu berücksichtigen. Ein Nebenerwerbslandwirt wird dabei einem Haupterwerbslandwirt nur dann gleichgesetzt, wenn der Erwerber landwirtschaftlicher Unternehmer ist und durch den Erwerb die Existenzgrundlage des Nebenerwerbslandwirts und der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen wesentlich verbessert würde (BGH AgrarR 1990, 315).

15           Zum Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts war der Antragsteller weder Haupterwerbslandwirt noch leistungsfähiger Nebenerwerbslandwirt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Allerdings ist davon auszugehen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerer Zeit die Haltung von Wildtieren im Wesentlichen auf eigener Futtergrundlage und damit Landwirtschaft betrieben hat. Aus dem eigenen Vorbringen des Antragstellers ist jedoch ersichtlich, dass er zu diesem Zeitpunkt durch die Führung des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes nicht nachhaltig positiv zu seinem Haushaltseinkommen beitragen konnte. Er hat bisher, obwohl er die Wildtierhaltung nach seinem eigenen Vorbringen bereits mehrere Jahre betreibt, noch nie Gewinn aus dieser Tätigkeit erzielt. Die vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 weist ebenfalls einen Verlust aus landwirtschaftlicher Tätigkeit aus. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist im Übrigen ersichtlich unvollständig, weil sie z. B. keine Kosten für Kraftstoff, Wartung und sonstigen Betrieb des zum Anlagevermögen gehörenden Ackerschleppers enthält. Da sich bereits aus dem eigenen Vorbringen des Antragstellers ergibt, dass er zum Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts weder Haupt- noch leistungsfähiger Nebenerwerbslandwirt war, bestand für weitere Ermittlungen des Amtsgerichts keinerlei Anlass. Abgesehen davon deuten auch die von dem Antragsteller selbst vorgetragenen und im Verhältnis zu dem durchaus beträchtlichen Tierbestand geringen Umsatzerlöse nicht auf gewinnorientierte Landwirtschaft, sondern vielmehr auf Hobbylandwirtschaft hin.

16            Unter Berücksichtigung der auch insoweit maßgebenden Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller sich in absehbarer Zeit zu einem leistungsfähigen Neben­erwerbslandwirt oder gar zu einem Haupt­erwerbslandwirt entwickeln wird. Diese Prüfung und die damit zusammenhängende Beurteilung, ob durch den Zuerwerb der den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bildenden Grundstücke die Existenzgrundlage des Nebenlandwirts und der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen wesentlich verbessert wird, erfordert regelmäßig eine Prognoseentscheidung des Gerichts, die zwangsläufig mit gewissen Unsicherheiten verbunden ist. Um diese Prognoseentscheidung auf eine hinreichend verlässliche Tatsachengrundlage zu stellen, fordert der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass sowohl ein Nichtlandwirt, der sich zu einem Nebenerwerbslandwirt entwickeln will als auch einen Nebenerwerbslandwirt, der seinen Betrieb zu einem im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb weiterentwickeln will, ein tragfähiges Betriebskonzept vorlegt und darüber hinaus konkrete Anstalten ergriffen hat, die Rückschlüsse darauf zulassen, ob der Betrieb sich in absehbarer Zeit zu einem solch leistungsfähigen Neben­erwerbsbetrieb entwickeln kann (Senat NL-BzAR 1998, 493; Senat, Beschluss vom 15. 7. 2010, Lw U 161/10).  Hieran fehlt es vollständig. Der Antragsteller hat lediglich allgemein dargelegt, seine Tätigkeit in Zukunft ausweiten zu wollen und weitere Flächen zu erwerben bzw. anzupachten. Er hat weiter dargelegt, die Gewinnsituation werde sich durch die Verminderung der derzeit noch hohen degressiven Abschreibungen sowie durch die Erhöhung der Direktzahlungen auf Grundlage der erworbenen Zahlungsansprüche in Zukunft verbessern. Diese allgemeinen Angaben lassen, auch wenn der Senat ihre Richtigkeit unterstellt, eine auch nur einiger­maßen seriöse Prognose, ob der Antragsteller sich zu einem leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt in absehbarer Zeit entwickeln wird, ersichtlich nicht zu. Ein in irgend­einer Weise plausibles und überprüfbares Betriebskonzept, auf dessen Notwendigkeit der Antragsteller bereits im Genehmigungsverfahren hingewiesen wurde, hat er nicht vorgelegt. Seinem Anerbieten, das im gerichtlichen Verfahren nachzuholen, ist das Landwirtschaftsgericht zu Recht nicht gefolgt. Ein solches im Nachhinein erstelltes Konzept ließe nämlich keine Rückschlüsse auf die für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts zu. Abgesehen davon fehlt von vornherein jegliches Vorbringen dazu, dass gerade der Erwerb der hier betroffenen Miteigentumsanteile die Existenzgrundlage des Antragstellers und der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen wesentlich verbessern würde. Hierfür ist auch nach Aktenlage nichts ersichtlich, weil die betroffenen Grundstücke nach den eigenen Angaben des Antragstellers langfristig bis 2019 verpachtet sind und der Antragsteller an diesen Pachtverträgen auch festhalten will. Es besteht mithin für ihn in absehbarer Zeit überhaupt keine Möglichkeit, die Grundstücke selbst landwirtschaftlich zu nutzen. Einnahmen aus dem Erwerb der Miteigentumsanteile kann der Antragsteller auf absehbare Zeit mithin nur dadurch erzielen, dass ihm ein Teil der in den Pachtverträgen vereinbarten Pacht zusteht. Dabei handelt es sich indessen nicht um Einkünfte aus landwirtschaftlicher Tätigkeit.

17           Mit der Mutterkuh an der F. GmbH war zum Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts auch ein landwirtschaftliches Unternehmen vorhanden, das die Flächen dringend zur Aufstockung ihres Betriebes benötigte und zum Erwerb bereit und in der Lage war. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH  NL-BzAR 2007, 98 ff. m.?w.?N.) ergibt sich der dringende Aufstockungsbedarf eines landwirtschaftlichen Unternehmens aus dem groben Missverhältnis zwischen Eigenland und Pachtland. Dieses grobe Missverhältnis liegt im vorliegenden Verfahren auf der Hand, weil das erwerbsbereite landwirtschaftliche Unternehmen nach seinen unbestrittenen Angaben gar nicht über Eigentumsflächen verfügte, sondern bisher ausschließlich auf Pachtflächen gewirtschaftet hat. Die Erhöhung des Eigenanteils dient der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebes und damit der Verbesserung der Agrarstruktur auch dann, wenn der Zuerwerb nur zu einer geringen Erhöhung des Eigenlandanteils führt und nur Miteigentumsanteile betroffen sind. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landwirtschaftsgerichts. Der Umstand, dass der ursprünglich erwerbsbereite Haupterwerbslandwirt nach Ausübung des Vorkaufsrechts von einem Erwerb Abstand genommen hat – dahin ist das Schreiben der Mutterkuh an der F. GmbH vom 30. 11. 2010 auszulegen – lässt ohne weitere Anhaltspunkte nicht den Schluss zu, dass das Erwerbsinteresse von vornherein nur vorgespiegelt war. Für die Auffassung des Antragstellers, ein derartiges Erwerbsinteresse müsse regelmäßig durch ein notariell beurkundetes Angebot manifestiert werden, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

18           In jeder Hinsicht unerheblich für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren ist der Vortrag des Antragstellers, die Genehmigungsbehörde habe kürzlich die Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen in einem erheblichen Umfang an einen Nichtlandwirt genehmigt. Selbst wenn diese Genehmigung unrechtmäßig erfolgt sein sollte, wobei völlig unklar ist, ob in dem betroffenen Fall ein erwerbswilliger und -bereiter Landwirt überhaupt vorhanden war, kann der Antragsteller daraus nicht ableiten, dass auch in seinem Fall ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen besteht.

 

   III.

19           Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 44, 45 LwVG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 9 LwVG, 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Senat sieht sich bei der Beurteilung der Sache in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auch eine Abweichung von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht ersichtlich. Die von dem Antragsteller zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. 9. 2010 (14 U 4/10) betrifft einen anderen Sachverhalt; anders als in der vorliegenden Sache war in dem vom Oberlandesgericht Rostock entschiedenen Fall zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts ein erwerbswilliger und -bereiter Landwirt gerade nicht vorhanden. Die von dem Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 29. 3. 2011 (101 W 1/10) ist von vornherein nicht einschlägig, weil dort nicht Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts, das im Hinblick auf die Grundstücksgröße nicht bestand (Rn. 4 des Beschlusses, zitiert nach juris), den Gegenstand des Verfahrens bildeten. Es ging vielmehr um einen Bescheid über die Genehmigungsversagung nach § 20 GrdstVG; nur hierauf bezieht sich auch das angeführte Literaturzitat (Netz, a.?a.?O., Ziff. 8.3.1. m.?w.?N.). Im gerichtlichen Verfahren betreffend Anträge gegen einen die Genehmigung versagenden Bescheid der Behörde hält auch der Senat im Einklang mit der soweit ersichtlich einhelligen Auffassung die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung für maßgebend.

20           Schließlich liegt auch eine Abweichung von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 17. 6. 2002 (7 W 1/02) nicht vor. In diesem Fall hatte das Oberlandesgericht Celle die Aufstockungsbedürftigkeit eines Haupterwerbslandwirts verneint, der in überwiegendem Umfang auf Eigenland gewirtschaftet hat und dessen Pachtflächen im Hinblick auf die engen verwandtschaftlichen Beziehungen mit dem Verpächter auf lange Sicht gesichert erschienen. Das ist mit dem vorliegenden Fall ersichtlich nicht vergleichbar.

 

            Gegen diesen Beschluss ist kein Rechts­mittel zulässig.