Homepage | Site Map | Impressum | Anzeigenpreise | AGB | Kontakt

 

RA Alexander Zschau, Leipzig

Der folgende Beitrag soll sich im Einzelnen damit beschäftigen, welche Handlungen des Pächters notwendig sind, um seine bisher bewirtschafteten Pachtflächen bei Pachtvertragsende an den Verpächter rechtsverbindlich herauszugeben. Das Ausmaß der Problematik ist vor folgendem Hintergrund nicht unerheblich.

Der Autor vertritt eine Anzahl von landwirtschaftlichen Agrarunternehmen in den neuen Bundesländern, wobei er bei seiner beratenden Tätigkeit in der letzten Zeit wiederholt mit dem Sachverhalt konfrontiert wurde, dass langjährige Pachtvertragsbeziehungen mit ortsansässigen Agrarunternehmen, wie es in der Vergangenheit noch allgemein üblich war, nicht mehr aufrechterhalten werden.

Dies hat mehrere Gründe. Hauptgrund hierfür ist die Privatisierungspraxis der BVVG, bei welcher ehemalige Pachtflächen zum Kauf oder zur Verpachtung öffentlich ausgeschrieben werden und der den Zuschlag Erhaltende nicht zwangsläufig der bisherige langjährige Pächter bzw. das ortsansässige Agrarunternehmen sein muss. In weiteren Fällen verpachtet der langjährige Verpächter an einen mitunter nicht ortsansässigen Dritten, welcher ihm ein besseres Angebot macht. Vereinzelt spielen hierbei auch Generationswechsel auf der Verpächterseite eine Rolle, bei denen der neue, mitunter jüngere, Grundstückseigentümer nicht mehr die gleichen Bindungen zu dem ortsansässigen Agrarunternehmen hat und daher auch mit bisher unbekannten Dritten in Pachtverhandlungen eintritt. Bei diesem Aufbrechen der langjährigen örtlichen Pachtstrukturen kann es als Begleiterscheinung zu folgendem Problem kommen.

Die Pachtflächen sind in den überwiegenden Fällen kleinere zerstückelte Flurstücke, welche keine eigene bewirtschaftbare Einheit darstellen, da sie über keine eigene Zuwegung verfügen und mitunter verstreut in großen landwirtschaftlichen Schlägen liegen, welche wiederum von dem ortansässigen Agrarunternehmen seit Jahren bestellt werden. Hinzu kommt noch, dass die Flurstücke, aufgrund ihrer Beseitigung zu LPG-Zeiten, über keine Grenzsteine verfügen und in der Natur optisch nicht erkennbar sind. Ihre konkrete Lage ist nur durch eine kostspielige und aufwendige Neuvermessung bestimmbar.

In diesen Fällen einigten sich die ortsansässigen Landwirte bisher über einen Pflugtausch, um bewirtschaftbare Schläge bilden zu können. Diese Pflugtauschvereinbarungen müssen jedoch zwangsläufig nicht mehr zustande kommen, da beide Parteien sich nicht mehr, wie in der Vergangenheit noch üblich, kennen und aus nachbarschaftlichen Gründen eine Einigung finden.

Sofern kein Pflugtausch zwischen dem bisherigen und dem neuen Pächter zustande kommt, entsteht folgendes Problem: Der neue Pächter weiß nicht, wo seine gepachteten Flächen konkret liegen und kann diese mangels Zuwegung auch nicht für eine Bewirtschaftung erreichen. Ferner kann es sich bei den Pachtflächen um derart zersplitterte Flächen handeln, welche eine Bewirtschaftung mit großen landwirtschaftlichen Maschinen ausschließen. In diesen Fällen kommt es immer wieder zu gerichtlichen Ausein­andersetzungen, in welchen ein streitgegenständlicher Punkt ist, ob der alte Pächter sein bisher gepachtetes Land ordnungsgemäß bei Pachtende herausgegeben hat.

Hierbei stellt sich immer wieder die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob und wann eine ordnungsgemäße Rückgabe des Landes nach Beendigung des Pachtverhältnisses stattgefunden hat.

Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichtes zum Umfang der Herausgabepflicht

Zu dieser Frage hat der Landwirtschaftssenat des Thüringer Oberlandesgerichtes eine für die landwirtschaftliche Praxis interessante Entscheidung erlassen.1

Im Einzelnen stellt der Landwirtschaftssenat in seiner Entscheidung vom 28. 3. 2013 (Lw U 475/12) klar, dass die Rückgabe eines verpachteten landwirtschaftlichen Grundstückes grundsätzlich dadurch geschieht, dass dem Verpächter oder einem Beauftragten der unmittelbare Besitz eingeräumt wird. Ferner muss der Pächter dem Verpächter bei Beendigung des Pachtvertrages noch die Möglichkeit verschaffen, sich vom ordnungsgemäßen Zustand der Pachtfläche überzeugen zu können. Hierzu reicht es nach der Rechtsprechung nicht aus, die Bewirtschaftung des ehemaligen Pachtlandes allein einzustellen, vielmehr ist noch ein aktiver und abschließender Rückgabeakt des weichenden Pächters erforderlich (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 4. 4.2008 – 2 U 13/08).

Interessant für die Praxis ist nun, wie dieser „aktive und abschließende Rückgabeakt“ auszusehen hat.

Zur Beantwortung verweist der Landwirtschaftssenat des Thüringer Oberlandesgerichtes auf die Regelung des § 854 BGB, welche den Erwerb des Besitzes rechtlich festlegt. Nach dieser Regelung wird der Besitz einer Sache dadurch erlangt, dass die tatsächliche Gewalt über die Sache erworben wird (§ 854 Abs. 1 BGB). Gemäß § 854 Abs. 2 BGB genügt hierzu die Einigung zwischen beiden Parteien über den Erwerb, wenn der Erwerber in die Lage versetzt wird, die Gewalt über die Sache auszuüben.

Das Thüringer Oberlandesgericht stellt in seiner Entscheidung klar, dass die notwendige Einigung über den Besitzübergang i.S.v. § 854 Abs. 2 BGB bereits dadurch zustande kommt, dass der bisherige Verpächter den scheidenden Pächter auffordert, bei Pachtende die Flächen herauszugeben und der bisherige Pächter hierauf schriftlich mitteilt, dass er zum Pachtende den Besitz an den Pachtflächen vollumfänglich aufgibt. Mit anderen Worten liegt nach Ansicht des Thüringer Oberlandesgerichtes bereits in der schriftlichen Mitteilung über die Besitzaufgabe bei Pachtende der notwendige aktive und abschließende Rückgabeakt. Dies jedoch nur unter der Bedingung, dass in dem konkreten Pachtvertrag keine weitere Regelung über die Herausgabe der Pachtflächen bei Pachtende zwischen den Parteien getroffen wurde und die Flächen auch tatsächlich ohne Hindernisse für eine weitere landwirtschaftliche Nutzung übernommen werden können.

Wichtig für die Praxis ist zudem die Feststellung des Thüringer Oberlandesgerichts, dass für eine wirksame Rückgabe der Pachtflächen diese nicht notwendiger Weise brach liegen müssen, was sich mitunter als schwierig gestalten würde, da die konkrete Lage der einzelnen Flurstücke im Schlag durch den Pächter nicht konkret bestimmt werden kann. Für seine Feststellung verweist der Landwirtschaftssenat auf die Regelung des § 596 Abs. 1 BGB, welche festlegt, dass die Rückgabe des Pachtlandes nur in einem Zustand erfolgen muss, welcher einer fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht. § 596 BGB, welcher die Rückgabepflicht bei Pachtende regelt, schließt demnach – wie vom Thüringer Oberlandesgericht in seiner Entscheidung bekräftigt – keine Bestellung des herauszugebenden Flurstückes aus. Aus den gesetzlichen Regelungen lässt sich keine Verpflichtung des Pächters ableiten, seine ehemals gepachteten Flächen in einem brachen Zustand zu übergeben. Der Pächter hat vielmehr die Pflicht, alles Erforderliche zu tun, das Land in einem Zustand zu erhalten, welcher, wie § 596 BGB wörtlich ausführt, einer fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht.

Fazit

Folglich liegt es beim Grundstückseigentümer bzw. neuen Pächter, ob er die Pachtflächen bei Pachtende in eine eigene Bewirtschaftung übernimmt oder nicht. Der Grundstückseigentümer und nicht der alte Pächter hat die Pflicht, sich darum kümmern, dass der neue Pächter für eine zukünftige Bewirtschaftung in den Besitz des nicht in der Natur abgrenzbaren Pachtlandes kommen kann.

Fest steht auch, dass die vorbenannte Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts nicht abschließend klären kann, wie sich die Zukunft der streitgegenständlichen Pachtflächen gestalten soll, sofern kein Pflugtausch zwischen dem ehemaligen Pächter und dem neuen Pächter zustande kommt. Im ungünstigen Fall hat der neue Pächter bei Nichtzustandekommen eines Pflugtausches eine landwirtschaftliche Fläche gepachtet, welche er nicht oder nur unter großen Erschwernissen (durch Abstecken der Pachtflächen und Einräumung eines Notwegerechtes gegen Entgelt) bewirtschaften kann. Kann er keine bei Pachtvertragsschluss mit dem Grundstückseigentümer vereinbarte landwirtschaftliche Nutzung auf seinem Pachtland durchführen, muss er sich bei dem Eigentümer schadlos halten. Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass die vorgestellte Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichtes zu Gunsten des weichenden Pächters rechtsverbindlich klarstellt, unter welchen Voraussetzungen dieser seinen Verpflichtungen zur Rückgabe des Pachtlandes nachkommt.