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A

OLG Dresden, Beschluss vom 20. 5. 2011 – W XV 0011/11 – AG Oschatz (23. 12. 2010 – XV 13/10), nachfolgend Auszüge

Aus den Gründen:

   I.

 1            Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Oschatz, durch den der Bescheid des Landkreises N. vom 24. 8. 2010 aufgehoben und der Kaufvertragsentwurf zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) genehmigt worden ist.

 2            Die Beteiligte zu 1), beabsichtigt, an Herrn X., den Beteiligten zu 2), landwirtschaftliche Flächen in einer Gesamtgröße von 101,3041 ha zu einem Kaufpreis von ... € (§ 4 des Vertragsentwurfs) zu veräußern. Den Entwurf eines entsprechenden notariellen Grundstückskaufvertrages … ließen die Beteiligten zu 1) und 2) am 28. 6. 2010 … dem Landkreis N. zur Genehmigung vorlegen. § 8.4 des Vertragsentwurfs sieht vor, dass der Erwerber die Flächen für die Dauer von mindestens 20 Jahren an die Veräußerin zu einem wertgesicherten Jahrespachtzins von … € verpachtet. Weiterhin soll die Beteiligte zu 1) ein nicht übertragbares, subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht für alle zukünftigen Verkaufsfälle eingeräumt erhalten (vgl. § 3.5 des Vertragsentwurfs).

 3            Der Kaufvertrag ordnet sich in ein Sanierungskonzept der Beteiligten zu 1) ein, welches nach den Festlegungen vom 5. 10. 2009 den Verkauf von Anlagevermögen unter gleichzeitigem Erhalt der Bewirtschaftungsmöglichkeiten vorsieht. Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um einen Mischbetrieb mit Pflanzenproduktion und Tierhaltung, welcher 1.107 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet (1.009 ha Ackerland und 98 ha Grünland). Das Unternehmen, welches über 400 ha Eigentumsflächen verfügt, beschäftigt zurzeit 23 Mitarbeiter und 9 Auszubildende in 5 Ausbildungseinrichtungen. Zu der schlechten Ertragslage des Unternehmens war es durch die Übernahme von Verlusten des … sowie durch die negative Entwicklung bei den Marktpreisen für Milch, Getreide und Raps im Geschäftsjahr 2009 gekommen (vgl. den Prüfungsbericht des Mitteldeutschen Genossenschaftsverbandes e.V.).

 4            Der Erwerber, Herr X., von Beruf Diplom-Wirtschaftsingenieur und hat seinen Hauptwohnsitz in Bad Hersfeld. Zur behaupteten Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes pachtete er am 15. 5. 2010 von der Beteiligten zu 1) eine auf dem Flurstück 105/4 (0,4103 ha) gelegene Hofanlage auf unbestimmte Dauer. Zeitgleich schloss er mit der Genossenschaft einen bis zum 31. 12. 2013 befristeten Pachtvertrag über das als Ackerland genutzte Flurstück 117/1 in einer Größe von 14,6291 ha, erwarb entsprechende Zahlungsansprüche und  betraute die Verpächterin mit der Bewirtschaftung der Pachtflächen. Am 17. 6. 2010 meldete er bei der Gemeinde einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb an und erhielt am 25. 6. 2010 von dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie eine EG-Förder- und Betriebsnummer zugeteilt. Seit 2010 ist er Genossenschaftsmitglied der Beteiligten zu 1).

 5            Nach Eingang des notariellen Kaufvertragsentwurfs am 2. 7. 2010 erließ der Landkreis N. am 9. 7. 2010 einen Zwischenbescheid, mit dem er die Frist zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag um einen Monat bis zum 2. 9. 2010 verlängerte. Zudem wies die Behörde öffentlich auf die zu verkaufenden Grundstücke hin, worauf verschiedene landwirtschaftliche Unternehmen ihr Kaufinteresse bekundeten. Zu seinen Erwerbsabsichten angehört, teilte Herr X. unter Vorlage eines Betriebskonzeptes am 28. 7. 2010 gegenüber der Genehmigungsbehörde mit, dass er die landwirtschaftlichen Nutzflächen zum Aufbau eines leistungsfähigen Marktfruchtbetriebes benötige. Seine Ausbildung als Wirtschaftsingenieur befähige ihn zur Leitung eines landwirtschaftlichen Unternehmens. Im Übrigen habe er sich in landwirtschaftlichen Fragen der Unterstützung eines Diplom-Agraringenieurs versichert, mit dem ein Beratungsvertrag abgeschlossen worden sei.

 6            Mit Bescheid vom 24. 8. 2010, welcher an den Beteiligten zu 2) am 28. 8. 2010 sowie an die Beteiligte zu 1) und die Andreas Felgenreff Rechtsanwalts GmbH (Verfahrensbevollmächtigte) am 31. 8. 2010 zugestellt worden ist, versagte der Landkreis N. die Genehmigung des notariellen Kaufvertragsentwurfs nach § 9 Abs. 1 GrdstVG. Der beabsichtigte Verkauf von 101,3041 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche an den Beteiligten zu 2) führe zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden: Der Beteiligte zu 2) sei weder Landwirt noch leistungsfähiger Nebenerwerbslandwirt, da die Bewirtschaftung einer Pachtfläche in einer Größe von lediglich 14,6291 ha keine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung darstelle. Es sei auch nicht geplant, die von der … zu erwerbenden Fläche in absehbarer Zeit in eigene Bewirtschaftung zu nehmen, da mit dem notariellen Kaufvertrag eine Verpflichtung zur langfristigen Verpachtung der Verkaufsflächen an die Veräußerin verbunden sei. Eine derartige Verpachtung an ein landwirtschaftliches Unternehmen könne den Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden nicht ausräumen.

 7            Nach Erhalt des Versagungsbescheides vom 24. 8. 2010 haben die Beteiligten zu 1) und 2) am 10. 9. 2010 beim Amtsgericht Oschatz einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der Bescheid des Landkreises N. vom 24. 8. 2010 sei formell rechtswidrig, da er sich mit wesentlichen Argumenten der Antragsteller nicht auseinandersetze. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben: dass der Kaufvertrag zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) der Sanierung des landwirtschaftlichen Unternehmens der Beteiligten zu 1) diene. Die landwirtschaftlichen Grundstücke sollten nur deshalb an den Beteiligten zu 2) veräußert werden, weil der Beteiligte zu 2) als Mitglied der Genossenschaft dazu verpflichtet sei, die gekauften landwirtschaftlichen Nutzflächen der Beteiligten zu 1) zur Pacht anzudienen. Dementsprechend habe der Beteiligte zu 2) sich im Vertragsentwurf dazu verpflichtet, die von ihm zu erwerbenden landwirtschaftlichen Nutzflächen an die Genossenschaft zu verpachten und ihr ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Entgegen der Auffassung der Genehmigungsbehörde handele es sich bei dem Beteiligten zu 2) um einen Landwirt im Nebenerwerb, da er über eine Hofstelle, über angepachtete landwirtschaftliche Nutzflächen sowie über Zahlungsansprüche für die von ihm bewirtschafteten Flächen verfüge. Die Eigenschaft als Nebenerwerbslandwirt werde überdies durch die Anmeldung eines landwirtschaftlichen Betriebs bei der Gemeinde und die Mitgliedschaft bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland belegt. Die berufliche Qualifikation als Diplom-Wirtschaftsingenieur befähige den Beteiligten zu 2), ein landwirtschaftliches Unternehmen zu leiten. Bei der Leitung dieses Unternehmens werde der Beteiligte zu 2) von seinem Bruder, einem Diplom-Agraringenieur, unterstützt. Der Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden sei daher nicht gegeben.

 8            Mit Beschluss vom 23. 12. 2010 hat das Amtsgericht Oschatz den Bescheid des Landkreises N. vom 24. 8. 2010 aufgehoben und den Kaufvertragsentwurf zwischen der Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2) genehmigt. Unabhängig davon, ob der Beteiligte Landwirt der landwirtschaftlichen Flächen nach Auffassung des Landwirtschaftsgerichts vorliegend nicht zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden. Durch die Vertragsgestaltung sei nämlich gewährleistet, dass die vertragsgegenständlichen Flurstücke dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung erhalten blieben. Der Absicherung einer landwirtschaftlichen Nutzung diene sowohl das eingeräumte dingliche Vorkaufsrecht als auch die Verpflichtung des Beteiligen zu 2), die zu erwerbenden landwirtschaftlichen Nutzflächen langfristig an die Beteiligte zu 1) zu verpachten.

 9            Gegen den am 3. 1. 2011 (ohne Rechtsmittelbelehrung) zugestellten Beschluss wenden sich sowohl das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit ihrer am 6. 1. 2011 beim Landwirtschaftsgericht Oschatz und beim Oberlandesgericht Dresden eingelegten sofortigen Beschwerde als auch die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer Anschlussbeschwerde vom 20. 1. 2011. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie ist der Auffassung, dass das Landwirtschaftsgericht Oschatz mit seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden abweiche. Denn das Landwirtschaftsgericht habe es zugelassen, dass landwirtschaftliche Nutzflächen an einen Nichtlandwirt veräußert werden könnten. Dass es sich bei dem Beteiligten zu 2) um einen Nichtlandwirt handele, ergebe sich daraus, dass er aus einer angeblichen landwirtschaftlichen Tätigkeit kein relevantes Einkommen erziele, seine Arbeitszeit nicht der Bewirtschaftung der angepachteten Flächen widme, er über kein schlüssiges Betriebskonzept verfüge und keine landwirtschaftliche Ausbildung vorweisen könne. Die Größe der angepachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen erlaube es nicht, einen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb aufzubauen. Auch der Umstand, dass der Erwerber Genossenschaftsmitglied der Veräußerin sei, führe nicht zu einer Genehmigungsfähigkeit des Vertragsentwurfs. Durch die beabsichtigte langfristige Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen an die Veräußerin werde der Versagungsgrund der ungesunden Beteilung von Grund und Boden nicht ausgeräumt. Denn es bleibe dabei, dass durch den beabsichtigten Verkauf landwirtschaftliche Nutzflächen in die Hand eines Nichtlandwirtes gelangten. Für die hier verfahrensgegenständlichen Flurstücke stünden insgesamt 9 Kaufinteressenten zur Verfügung. Vier dieser Interessenten seien bereit, die gesamten Flurstücke zu demselben oder einem höheren als von dem Beteiligten zu 2) angebotenen Preis anzukaufen und dabei die Verpachtungsauflage zu übernehmen. Der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Oschatz sei auch deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil das Landwirtschaftsgericht seiner Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen nicht ausreichend nachgekommen sei. Denn das Landwirtschaftsgericht habe die Verfahrensakte des Landkreises N. erst nach der mündlichen Verhandlung am 25. 11. 2010 bei der Genehmigungsbehörde angefordert. …

10           Die … Beschwerde … hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht Oschatz den Kaufvertragsentwurf … genehmigt (A.). Genauso wie der Beschwerde der Genehmigungsbehörde bleibt auch der Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) der Erfolg versagt.

 

   A. Beschwerde

11           Das Landwirtschaftsgericht Oschatz hat den Entwurf eines notariellen Kaufvertragsentwurfs zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) … im Ergebnis zu Recht nach den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 3, 9 Abs. 1 und 2, 22 GrdstVG genehmigt. …

12           3. Der Senat stimmt sowohl mit der Genehmigungsbehörde als auch mit dem Beschwerdeführer darin überein, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG grundsätzlich erfüllt sind und der beabsichtigte Verkauf der hier verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Grundstücke an den Beteiligten zu 2) zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führen würde.

13           a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats … liegt eine – den Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur nach § 9 Abs. 2 GrdstVG widersprechende – Veräußerung regelmäßig vor, wenn ein landwirtschaftliches Grundstück an einen Nichtlandwirt oder einen nicht leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt veräußert werden soll, während ein aufstockungsbedürftiger Voll- oder Nebenerwerbslandwirt zum Erwerb zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen bereit und in der Lage ist. Unter diesen Voraussetzungen wäre der Vertragsentwurf mit Stand vom 28. 7. 2010 nicht zu genehmigen. …

14           b) Obwohl der Beteiligte zu 2) nicht Inhaber eines leistungsfähigen Landwirtschaftsbetriebes im Nebenerwerb ist, war die Genehmigung des Grundstücksverkehrsgeschäftes gleichwohl zu erteilen. Denn eine Versagung der Genehmigung würde eine unzumutbare Härte für den Veräußerer, die Beteiligte zu 1), bedeuten, § 9 Abs. 7 GrdstVG (vgl. auch Joachim Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, 5. Aufl. 2010, § 9 Abs. 7 GrdstVG Anm. 4.14.1, S. 573 unter Hinweis auf OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3. 4. 1973 – 13 W 161/72).

15           aa) Wie die Beteiligte zu 1) im Einzelnen dargestellt und durch den Prüfbericht des Mitteldeutschen Genossenschaftsverbandes e.V. belegt hat, dient die Veräußerung der landwirtschaftlichen Grundstücke in einer Größe von über 100 ha dazu, dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beteiligten zu 1) kurzfristig Liquidität zuzuführen, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und eine Insolvenz des Unternehmens abzuwenden. Dass die Verschaffung von Liquidität im Vordergrund des beabsichtigten Landverkaufs steht, zeigt sich bereits an dem Umstand, dass die zu verkaufenden Flurstücke keine zusammenhängenden Flächen bilden und nicht für sich allein bewirtschaftet werden können. Vielmehr sind sie, wie die Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 1. 4. 2011 erläutert haben, im nachhinein zusammengestellt worden, um den von dem Beteiligten zu 2) in Aussicht gestellten Betrag von … € zu unterlegen.

16           bb) Der Beteiligten zu 1) wäre es unzumutbar, die hier verfahrensgegenständlichen Flächen an ein Konkurrenzunternehmen zu veräußern, das lediglich eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt und mangels persönlicher Verbundenheit keine Rücksicht auf die Belange der Beteiligten zu 1) nehmen wird. Wie die Gestaltung des zur Genehmigung vorgelegten Entwurfs eines notariellen Kaufvertrages sowie die weiteren Vorkehrungen der Beteiligten zu 1) und 2) erkennen lassen, sollen die Flächen der Genossenschaft langfristig erhalten bleiben und bei wirtschaftlicher Genesung des Unternehmens ggf. von ihr wieder zurückerworben werden. Diesem Zweck dient die Verpflichtung des Erwerbers zur langfristigen Verpachtung der Flächen an die Veräußerung (vgl. § 8.4 des Vertragsentwurfs), das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 1) (vgl. § 3.5 des Vertragsentwurfs) sowie die Aufnahme des Beteiligten zu 2) in die Genossenschaft. Denn nach § 12 der Genossenschaftssatzung unterliegt der Beteiligte als Genossenschaftsmitglied der Pflicht, seine landwirtschaftlichen Nutzflächen dem Unternehmen anzudienen. Der Zweckrichtung des angestrebten notariellen Grundstückskaufvertrages, der Beteiligten zu 1) einerseits Liquidität zu verschaffen und andererseits die zu verkaufenden Flächen dauerhaft dem Unternehmen zur Bewirtschaftung zu erhalten, würde es widersprechen, wenn ein Dritter als Erwerber der Flächen aufträte. Denn das Interesse des Dritten wären nicht auf den Fortbestand und die Gesundung der Beteiligten zu 1) gerichtet, sondern gingen zwangsläufig dahin, die gekauften Flächen möglichst zeitnah für sich selbst beanspruchen zu können.

17        cc) Die Bejahung einer unzumutbaren Härte für den Veräußerer nach § 9 Abs. 7 GrdstVG führt entgegen den Befürchtungen des Beschwerdeführers nicht dazu, das gesamte Genehmigungssystem des Grundstücksverkehrsgesetzes in Frage zu stellen. Als eng auszulegende Ausnahmevorschrift greift § 9 Abs. 7 GrdstVG in Fällen der hier vorliegenden Art nur dann ein, wenn die Veräußerung landwirtschaftlicher Nutzflächen an ein Genossenschaftsmitglied der Rettung und Konsolidierung eines in seinem Bestand und in seiner Zahlungsfähigkeit bedrohten landwirtschaftlichen Unternehmens dient. Ein Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen durch den Beteiligten zu 2) unterliegt überdies wiederum dem Grundstücksverkehrsgesetz und kann daher erneut auf seine Vereinbarkeit mit einer gesunden Verteilung von Grund und Boden überprüft werden.

B

AG Oschatz, Beschluss vom 23. 12. 2010 – XV 13/10

Aus dem Tatbestand:

 1            Die Antragstellerin zu 1) geriet in eine finanzielle Notlage und leitete deshalb ein Sanierungskonzept ein. Dieses sieht den Verkauf von Eigentumsland vorzugsweise an Genossenschaftsmitglieder unter der zwingenden Bedingung bzw. Geschäftsgrundlage einer langfristigen Rückverpachtung der landwirtschaftlichen Flächen und eines Vorkaufsrechts zu Gunsten der Antragstellerin zu 1) vor, um den derzeit bestehenden Liquiditätsengpass zu überbrücken.

 2            Der Antragsteller zu 2) beabsichtigt, Flächen der Antragstellerin zu 1) abzukaufen. Die Antragsteller ließen daher am 28. 7. 2010 einen notariellen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung fertigen und unterschrieben diesen. Danach vereinbaren die Parteien den Verkauf durch die Antragstellerin zu 1) von Grün- und Ackerland mit einer Fläche von insgesamt 101,3041 ha zu einem Kaufpreis von insgesamt … €.

 3            In § 3 Nr. 5 des Kaufvertragsentwurfes vereinbarten die Parteien: „Der Käufer als künftiger Eigentümer des in § 1 dieses Vertrages näher bezeichneten vertragsgegenständlichen Grundbesitzes räumt hiermit dem Verkäufer an dem in § 1 beschriebenen Vertragsgegenstand Pachtgegenstand das nicht übertragbare subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ein. …“

 4            In § 8 des Kaufvertragsentwurfes vereinbaren die Antragsteller: „Verkäufer und Käufer sind sich darüber einig, dass der vertragsgegenständliche Grundbesitz aufschiebend mit dem in Abs. 1 näher definierten Besitzübergang vom Käufer als Verpächter an den Verkäufer als Pächter für eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren zu einem wertgesicherten Jahrespachtzins von … € zu verpachten ist. Einen privatschriftlichen Pachtvertrag werden die Vertragsteile noch gesondert abschließen.“

Aus den Entscheidungsgründen:

 5            Der Antrag ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. …

 6            Vorliegend ist streitig, ob es sich bei dem Antragsteller zu 2) um einen Landwirt handelt und ob leistungsfähige Landwirte vorhanden sind, die willens und in der Lage sind, die Grundstücke zur Aufstockung ihres Betriebes zu erwerben und deren Betrieb dringend der Aufstockung bedarf.

 7            Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Vorliegend ist das Rechtsgeschäft abweichend von der Regeldefinition zur ungesunden Bodenverteilung zu genehmigen.

 8            Durch die von den Antragstellern gewählte Vertragsgestaltung ergeben sich keine Auswirkungen auf die Agrarstruktur.

 9            Ziel des Versagungsgrundes der ungesunden Verteilung von Grund und Boden ist es, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden. Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens ist deshalb nur dann gegeben, wenn aus bestimmten Tatsachen folgt, dass die Eigentumsverschiebung konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht oder wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind. Dabei versteht man unter Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur die Gesamtheit der agrarpolitischen Maßnahmen, die auf die Erhaltung und Förderung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe und die Steigerung ihrer Ertragslage gerichtet sind.

10        Durch die Vertragsgestaltung der Antragsteller wird der Betrieb der Antragstellerin zu 1) in ihrer Gesamtheit erhalten. Der Antragsteller zu 2) hat sich in dem Vertrag verpflichtet, einen langfristigen Pachtvertrag über die Flächen mit der Antragstellerin zu 1) abzuschließen und die Flächen der Antragstellerin zu 1) zur Bewirtschaftung weiter zu überlassen. Weiter wurde der Antragstellerin zu 1) ein Vorkaufsrecht an den Flächen eingeräumt. Praktische Auswirkungen auf die Agrarstruktur durch das Veräußerungsgeschäft sind daher nicht ersichtlich. Eine Änderung für die Landbewirtschaftung ergibt sich nicht.